Zur Website der OTH Regensburg

Punktewolken und Lebensräume: Die bunte Welt der Bauinformatik

50 Jahre Informatik an der OTH Regensburg, 50 Jahre eng am Bedarf der Wirtschaft: Gemeinsames Symposium mit Firmenfamilie FUCHS

Zeitgemäßes Bauen ist in unserer komplexen Welt ohne digitale Daten nicht mehr vorstellbar. Struktur, Schnittstellen und Anforderungen unterscheiden sich erheblich von den Voraussetzungen und Bedürfnissen anderer Branchen. Das Jubiläum „50 Jahre Fakultät Informatik und Mathematik an der OTH“ nahmen die „Jubilare“ um Dekan Professor Dr. Frank Herrmann daher zum Anlass, mit ihren Kolleginnen und Kollegen vom Bereich Bauingenieurwesen, insbesondere Dekan Professor Andreas Ottl, und der Firmenfamilie FUCHS einen interdisziplinären Austausch zu pflegen. Beim gemeinsamen Symposium „BauInformatik: Smart City und Built Environment“ ging es um die Perspektiven von Praxis und Hochschule sowie um die aktuellen Anforderungen der heutigen Zeit. Knapp 150 Interessierte folgten letzten Donnerstag dieser Einladung. Der Zusammenarbeit von Forschung, Lehre und Wirtschaft zollte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, der als Gastredner auftrat, höchste Anerkennung.

Die Informatik fest verankern in diesem Zusammenspiel der produktiven Kräfte – das ist nicht nur im Jubiläumsjahr das Ziel der Regensburger Informatiker an der OTH. Aus diesem Anlass feiern sie ihren „Runden“ mit Symposien, die diese Verzahnung plastisch und mit wissenschaftlichem Anspruch darstellen; hierüber berichtet die Jubiläumshomepage und zwar im Zeitablauf immer konkreter, und dort finden Sie Artikel, Interviews usw. zur Fakultät. Detailinformationen zu allen weiteren Veranstaltungen sind hier ebenfalls hinterlegt. Die Symposien sollen sowohl Studierende als auch Experten der jeweiligen Anwendungsbereiche begeistern.

Als vorausschauende Dozierende und Studierende vor 50 Jahren die Fakultät „Informatik“ an der OTH Regensburg (damals Fachhochschule) etablierten, hatte das Ganze etwas Exotisches. Handelte es sich hierbei eigentlich um eine eigene wissenschaftliche Disziplin? Die Zeit gab die Antwort, so Dekan Professor Dr. Herrmann in seiner Eröffnung. Heute freut sich die Fakultät über knapp 2.000 Studierende und fühlt sich als digitales Herz der Hochschule. „Absolventinnen und Absolventen, zum Teil in hervorgehobenen Positionen, tragen wesentlich zum Erfolg in den Unternehmen der Region bei. Dies liegt auch an den methodisch substanziellen Studieninhalten gepaart mit einem hohen Anwendungsbezug. Mitglieder der Fakultät haben eine hohe wissenschaftliche Reputation durch Publikationen, Konferenzbeiträge und geförderte Projekte und mehreren wurde Ende September 2023 das Promotionsrecht im Bereich der Angewandten Informatik übertragen“ sagt Dekan Professor Dr. Herrmann.

Präsident Professor Dr. Ralph Schneider gratulierte der Fakultät zum Geburtstag und bedankt sich für die sehr erfolgreiche Arbeit. „Bei diesem Symposium vereint sich die Expertise der Informatik mit der ebenso ausgeprägten Fachkompetenz unserer Fakultät Bauingenieurwesen.“ Er ist zuversichtlich, dass viele sehr erfolgreiche Jahre folgen werden.

Zu den vielen Wirtschaftsbereichen, die ohne digitale Steuerung kaum noch vorstellbar wären, zählt das Bauwesen. Dessen vielfältige Facetten spiegelten sich in den Vorträgen der Referenten beim Symposium wider. Ein großes Thema ist Energie: Noch ehe das Heizungsgesetz sich anschickte, die deutschen Gemüter zu erhitzen, hatte sich die Stadt Regensburg erfolgreich für ein bundesweites Förderprogramm unter dem Label „Smart City“ beworben. Ein Leuchtturmprojekt daraus ist der digitale Energiezwilling. Mit Hilfe einer komplexen und gesetzeskonformen Datensammlung hat sich ein Team um Professor Dr. Jan Dünnweber (OTH Regensburg) und Professor Dr. Mathias Obergrießer (OTH Regensburg) aufgemacht, die Strom- und Heizbedarfe eines städtischen Quartiers zu messen, zu analysieren und so die Datengrundlage für verschiedene Schlussfolgerungen und Ableitungen herzustellen. Wann laufen die Haartrockner, welche Kältebrücken gibt es, wann laufen die Zähler heiß und welches Verbraucherverhalten löst welche Energiebedarfe aus? Emir Skulic, der als Stadtentwicklungsplaner bei der Stadt Regensburg arbeitet, stellte das gesamte Projekt „Smart City“ vor – auch weitere Themenfelder wie „Welterbe“, „regionaler Wirkraum“, „Innovationsstandort“ und „Lebensraum“ funktionieren nicht ohne Datenerhebung, -analyse und Weiterverarbeitung.

Doch woher kommen Daten, die sich verarbeiten lassen? Professor Dr. André Borrmann leitet den Lehrstuhl für Computergestützte Modellierung und Simulation an der TU München und gilt bundesweit sowie international als Experte für Building Information Modeling (BIM). Seine Vortragsthemen bezogen sich auf die modellbasierte Planung, den Einsatz von KI und Robotik. Sensoren, Drohnen, Scan- und Messtechnik liefern den Input für komplexe Auswertungen – etwa Punktewolken, die Bewegungsströme auf neuen Bahnhöfen voraussagen helfen. Auf Baustellen können sogar „Robo-Dogs“ zum Einsatz kommen, um gemeinsam mit anderen Quellen reichlich Material für KI-basiertes Datamining zu liefern.

In der Praxis stellen sich hingegen oft Schnittstellenprobleme ein, erläuterte Klaus Schneiders, Bereichsleiter bei der Firmenfamilie FUCHS. Die bundesweit aktive Firmengruppe mit Stammsitz im Kreis Neumarkt ist im Engineering, in der Planung, Produktion, Konfektionierung, Montage und Wartung von Mobilfunkmasten und Trägersystemen für Energie und Verkehr ebenso unterwegs wie in der Umwelttechnik, dem Hoch- und Ingenieurbau, im Wohnungs- und Gewerbebau sowie in vielen weiteren Segmenten. „Alleine an dieser Vielfalt sehen Sie schon, welch unterschiedliche Anforderungen wir an unsere Daten haben“, sagte er. Softwarehersteller lieferten nur das Grundgerüst für Insellösungen – nach deren Integration in die Betriebe sei es die schwierigste Aufgabe, Brücken zwischen den Einzelanwendungen zu bauen. „Hier sind Sie gefragt“, wandte sich Schneiders an die Studierenden im Saal. In der unternehmerischen Wirklichkeit des Wirtschaftsalltags nutze es nichts, abzuwarten oder zunächst in der Theorie die perfekte Lösung zu ersinnen. Hier gelte vielmehr der Grundsatz „Einfach mal machen!“.

Ein Prinzip, das Finanz- und Heimatminister Albert Füracker im Rahmen seiner Rede gerne aufgriff: „Bauinformatik bildet die Schnittstelle zwischen Informatik und Bauingenieurwesen und ist ein lebendiges Forschungsfeld mit wichtigen Lösungsansätzen für die Herausforderungen unserer Zeit. Als Treiber für ressourcenschonendes Bauen ist sie unverzichtbar im Kampf gegen den Klimawandel. Die Notwendigkeit der Klimaadaption und der demografische Wandel zwingen gleichzeitig zu flexiblerem Bauen. Wohnungsmangel, Fachkräftemangel und hohe Materialkosten lenken den Blick zusätzlich auf schnelles und kostengünstiges Bauen. Der Einsatz digitaler Technologien im Wohnungsbau und in der Stadtplanung ist essentielles Werkzeug für mehr Nachhaltigkeit und Schlüssel für die Verzahnung von Daten und Materialien sowie Forschung und Bauwirtschaft.“

Weitere Informationen zu 50 Jahre Informatik und Mathematik finden Sie auf unserer Jubiläumshomepage.

Präsident Professor Dr. Ralph Schneider, Professor Dr. Frank Herrmann und Hubert Süß freuen sich mit Finanz- und Heimatminister Albert Füracker und den Referenten über ein gelungenes Symposium.
Foto: Lucas Caratelli/Fuchs. Die Firmenfamilie
Zahlreiche Besucherinnen und Besucher informierten sich zu interdisziplinären Themen der Bauinformatik.
Foto: Simone Grebler/OTH Regensburg