SMART-GI: KI-gestützte Diagnostik und Therapie im GI-Trakt
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Speiseröhrenreflux kann zu schwerwiegenden Schleimhautveränderungen in der Speiseröhre führen. Besonders kritisch ist dabei der Übergang vom Barrett-Ösophagus – einer Vorstufe – zum Adenokarzinom. Bei der endoskopischen Untersuchung ist diese Abgrenzung eine anspruchsvolle diagnostische Aufgabe: Die Übergänge sind oft fließend und die visuellen Unterschiede subtil, sodass sie selbst für erfahrene Gastroenterologen eine Herausforderung darstellen. Während Barrett-Ösophagus regelmäßig überwacht werden muss, erfordert ein Karzinom unmittelbare therapeutische Intervention.
Unser Deep-Learning-basiertes System unterstützt Ärzte bei der Analyse endoskopischer Aufnahmen, indem es prämaligne und maligne Läsionen zuverlässig identifiziert und differenziert. Das neuronale Netz wurde speziell darauf trainiert, die feinen Unterschiede zwischen Barrett-Schleimhaut und Adenokarzinom zu erkennen. Das System fungiert als intelligenter Assistenzpartner, der dem Untersucher in Echtzeit eine Zweitmeinung liefert und so die diagnostische Sicherheit erhöht.
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Die endoskopische Submukosadissektion (ESD) ermöglicht die minimalinvasive Resektion großflächiger Läsionen und bietet damit eine organerhaltende Alternative zur chirurgischen Resektion. Die ESD ist allerdings ein technisch anspruchsvolles Verfahren mit erheblichen Risiken: Das unbeabsichtigte Durchtrennen von Blutgefäßen vor deren Koagulation kann zu starken Blutungen führen, die nicht nur die Sicht des Operateurs beeinträchtigen, sondern auch den Patienten gefährden können.
Unser Deep-Learning-System SmartESD unterstützt den Operateur durch Echtzeit-Erkennung und Hervorhebung von Blutgefäßen im endoskopischen Videobild. Parallel dazu wird die Position des Dissektionsmessers kontinuierlich verfolgt. Kommt das Messer kritischen Strukturen wie Blutgefäßen zu nahe, warnt das System den Operateur proaktiv.
SmartESD fungiert damit als wachsamer chirurgischer Assistent, der die Sicherheit des Eingriffs erhöht und zu geringeren Komplikationsraten beitragen kann – besonders wertvoll in komplexen anatomischen Situationen oder bei längeren Eingriffen, bei welchen die Konzentration nachlassen kann.
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Die endoskopische Submukosadissektion durchläuft typischerweise mehrere definierte Phasen: Diagnostik, Markierung, Injektion, Dissektion und Blutungsstillung. Die Abfolge, Dauer und Häufigkeit dieser Phasen sind charakteristisch für den Verlauf und die Qualität eines Eingriffs. Während eine komplikationsarme ESD durch wenige Blutungsepisoden und einen kontinuierlichen Dissektionsfortschritt gekennzeichnet ist, deuten häufige Wechsel zwischen Dissektion und Blutungsstillung auf technische Schwierigkeiten oder Komplikationen hin.
Unser Deep-Learning-System erkennt diese Phasen automatisch im endoskopischen Video und erstellt damit einen präzisen "Fingerabdruck" des Eingriffs. Diese objektive Dokumentation ermöglicht vielfältige Anwendungen: Eingriffe lassen sich anhand quantitativer Qualitätsmetriken vergleichen und bewerten – etwa hinsichtlich der Gesamtdauer von Blutungsphasen oder der Effizienz der Dissektion. Für Ärzte in der Ausbildung kann die automatische Phasenerkennung individuelle Lernkurven sichtbar machen: Mit zunehmender Erfahrung sollten die Qualitätsmetriken kontinuierlich besser werden. Darüber hinaus lassen sich besonders anspruchsvolle ESDs identifizieren, um diese zu Trainingszwecken aufarbeiten zu können.
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Die endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung von Erkrankungen der Gallenwege und des Pankreasgangs – etwa zur Entfernung von Gallensteinen. Der Erfolg des Eingriffs hängt maßgeblich von der erfolgreichen Sondierung der Papilla vateri ab, der anatomischen Struktur, an der Gallengang und Pankreasgang ins Duodenum münden. Die anatomische Ausprägung der Papille variiert jedoch stark zwischen Patienten. Unterschiedliche morphologische Subtypen können die Sondierung erheblich erschweren, insbesondere wenn Schleimhautfalten die Mündungsöffnung (Ostium) teilweise verdecken. Multiple Sondierungsversuche erhöhen das Risiko für schwerwiegende Komplikationen, insbesondere für eine Post-ERCP-Pankreatitis.
Unser Deep-Learning-System erkennt automatisch die Papilla vateri sowie ihr Ostium im endoskopischen Bild. Durch die präzise Lokalisierung auch schwer erkennbarer Mündungsöffnungen kann das System den Untersucher gezielt bei der Sondierung unterstützen und die Anzahl der Kannülierungsversuche reduzieren. Langfristiges Ziel ist die automatische Bewertung der Sondierungsschwierigkeit anhand der anatomischen Struktur der Papille. Dies ermöglicht eine individualisierte Auswahl des Behandlers: Während einfache Papillen von Ärzten in der Ausbildung behandelt werden können, werden anatomisch schwierige Fälle direkt an erfahrene Spezialisten weitergeleitet. Diese präprozedurale Risikoabschätzung kann die Zahl erfolgloser Kannülierungsversuche reduzieren und damit das Komplikationsrisiko für den Patienten signifikant senken.
Kooperationspartner
Regensburg Medical Image Computing (ReMIC), OTH Regensburg
III. Medizinische Klinik Augsburg